Projekt: Urbane Systeme zukunftsfähig machen
Master System Design HTW Berlin: 1. Semester
Challenge: Recherche, Methoden&Prozesse, Gigamapping
Nathalie Sterzenbach
Im Zuge der Corona-Krise zeigt sich wie wenig resilient unsere urbanen Systeme sind. Die Annehmlichkeiten des urbanen Lebens wie das Shoppen in den Passagen, Theater- und Kinobesuche, Café- und Restaurantbesuche und Konzerte sind ausgesetzt. Die starke Ausrichtung unserer Innenstädte auf eine kommerzielle Nutzung hat in der Pandemie sichtbare Spuren hinterlassen. Unsere Innenstädte sind wie ausgestorben. Das öffentliche Leben wird auf ein Minimum reduziert und spielt sich in nächster Nähe des eigenen Wohnquartiers ab.
Shopping stellt in unserer Gesellschaft die letzte verbliebene, öffentliche Handlungsweise dar, eben weil der öffentliche Stadtraum von Kaufmechanismen geregelt wird und alle anderen Bereiche urbanen Lebens vom System des Kaufens und Verkaufens verdrängt werden (Robert Kaltenbrunner).
Doch der Niedergang der Innenstädte ist kein neues Phänomen. Der Online-Handel mit Amazon&Co. hat schon vor der Pandemie dem Einzelhandel stark zugesetzt. Nach einer Umfrage von 1000 innerstädtischen Betrieben des Handelsverbands Deutschland (HDE), gab die Hälfte an, dass sich ihre Geschäftslage verschlechtert habe (2018). In den letzten fünf Jahren mussten im Bundesgebiet 11.000 Läden schließen. Der HDE rechnet damit, dass bis 2025 noch mal 45.000 Läden schließen werden (Baukulturbericht 2020).
Was bleibt übrig von einer Stadt, die ihre Besucher zum Shoppen einlädt aber keine alternativen Optionen bietet? Für die Zukunft ist es um so wichtiger die Stadt als ein Gemeingut zu betrachten und den innerstädtischen Raum multifunktional zu gestalten. Die Stadt von Morgen sollte wandelbar, widerstandsfähig, lernend, ökologisch und sozial gerecht sein.
Spaziergangswissenschaft nach Lucius Burckhardt
Um den urbanen Raum besser kennenzulernen, beginne ich meine wissenschaftlichen Studien mit den Spaziergangswissenschaften nach Lucius Burkhardt (Promenadologie, Strollology). Er entwickelte eine kulturwissenschaftliche Methode, die darauf abzielt Bedingungen der Wahrnehmungen der Umwelt bewusst zu machen und die Umweltwahrnehmung zu sensibilisieren. Diese Methode basiert auf einer kulturgeschichtlichen Analyse von Formen der Umweltwahrnehmung, dazu kommen experimentelle Praktiken sowie reflexive Spaziergänge und ästhetische Interventionen.
Handel
Eine Stadt ohne Handel ist in der Geschichte der Menschheit kaum denkbar. Ganz im Gegenteil oft wurden Städte gerade an Orten errichtet wo sich meisterhaft Handel betreiben ließ, wie an Flüssen oder Handelsrouten. Doch wir brauchen neue Konzepte für die Nutzung des innerstädtischen Raums, um diese wieder attraktiver für Bürger* innen zu machen . Seit der Industrialisierung herrscht in deutschen Innenstädten die Monofunktionale Nutzung, konzentriert auf den Handel vor. Der Handel braucht neue Konzepte, um dem Ladensterben und der Monotonie entgegen zu treten.
„Es gibt keinen der den Wandel steuert, denn alle steuern.
Im Unscheinbaren und ohne großes Aufhebens erfüllt sich
im öffentlichen Raum, was keiner verfügte und niemand
erwartet hätte. Die Stadt ist tot, es lebe die Stadt!“
Hanno Rauterbach
Erste Ideen
Ich habe erfahren, dass es noch kein digitales, bundesweites Leerstandskataster gibt. Dieses Kataster hält den aktuellen Handelsleerstand fest. Lediglich in einzelnen Städten und Kommunen ist bereits ein solcher Service vorhanden. Diesen Mangel würde ich gerne aufgreifen und recherchieren, ob diese Form von digitalem Leerstandskataster in Potsdam bereits vorhanden ist. Gerne würde ich erste Dummies zu einer App entwickeln. Dazu passend könnte eine Website erstellt werden. Folgende Funktionen wären denkbar: Handelsleerstand, das Melden von Leerstand, Anmieten von Leerstand, temporäre Anmietung von Leerstand.
Adaptive Ladenausstattung mieten
Furniture-Sharing-System entwickeln. Dieser Service könnte von temporären Mietern genutzt werden. Je nach Bedarf können adaptierbare Möbel entliehen werden und diese dann nach einem vereinbarten Zeitraum wieder zurück gebracht werden. Das Furniture-System sollte aus nachwachsenden, recycelten und nachhaltigen Materialien hergestellt sein.
Pop Up Store - Temporär
Mit Unterstützung der Wirtschaftsförderung würde ich gerne temporär einen Pop Up Store auf der Fußgängerzone von Potsdam eröffnen. Mit dem passenden Furniture-Sharing-System.